Ab in den Wald!
Wir haben den folgenden Artikel auf Spiegel online gefunden. Er untermauert so schön unseren Konzeptbaustein Woods & Wellbeing, dass wir ihn natürlich in unserem Blog teilen möchten.
Pause vom Großstadtlärm: Wer sich dreimal pro Woche im Wald oder Park entspannt, reduziert messbar seinen Stress. Allerdings sollte man dafür das Handy auslassen. Und still die Ruhe genießen.
Blätterrauschen, knospendes Grün und der Duft von Tannennadeln: Im Frühling zieht es viele Menschen in den Wald. Schon ein kurzer Spaziergang dort kann Stress deutlich reduzieren, wie eine Studie der US-amerikanischen Universität Michigan zeigt. Demnach genügen 20 Minuten im Grünen, um das Level an Stresshormonen merklich zu vermindern. Die Forscher sprechen im Fachmagazin « Frontiers in Psychology » daher von einer « Naturpille ».
« Wir wissen bereits, dass es Stress reduziert, wenn man Zeit in der Natur verbringt », sagt die Ökologin und Hauptautorin der Studie, MaryCarol Hunter. « Bislang war aber unklar, wie lange und wie oft man in die Natur gehen sollte und auch, welche Art von Naturerfahrung uns nützt. »
Mindestens zehn Minuten im Grünen
Die aktuelle Untersuchung hat jetzt ergeben, dass schon 20 bis 30 Minuten in einer Umgebung, die einem ein Gefühl von Natur vermittelt, ausreichen, um effektiv den Cortisolspiegel im Körper zu senken. Cortisol, auch als Stresshormon bezeichnet, wird in der Nebennierenrinde hergestellt und in der Leber abgebaut. Dauerhaft erhöhte Cortisolwerte, etwa durch chronischen Stress, können zu Übergewicht führen, das Immunsystem schwächen und Herz-Kreislauf-Störungen, Depressionen und eine Reihe weiterer Erkrankungen begünstigen.
Die Wissenschaftler der Universität Michigan hatten einer Gruppe von 36 Freiwilligen, darunter 33 Frauen und drei Männer, eine regelmäßige « Naturpille » verordnet: Die Probanden sollten mindestens drei Spaziergänge pro Woche in der Natur unternehmen mit einer Dauer von zehn Minuten oder mehr. Vor und nach den Experimenten entnahmen die Teilnehmer eine Speichelprobe, die sowohl auf die Cortisolwerte untersucht wurde als auch auf die sogenannte Alpha-Amylase. Dieses Enzym stammt aus dem Verdauungstrakt und ist bekannt dafür, dass der Körper es bei Stress vermehrt ausschüttet.
Weil sich die Biomarker physiologisch mit der Tageszeit ändern, wurden diese Tagesschwankungen bei der Berechnung berücksichtigt. Die Probanden durften zudem 30 Minuten, bevor sie die Speichelprobe entnahmen, nicht essen oder trinken, da Nahrungsmittel insbesondere die Alpha-Amylase stark beeinflussen können.
Die Freiwilligen konnten den Tag, die Dauer und den Ort ihres Naturerlebnisses selbst bestimmen, damit es zu ihrem individuellen Lebensstil passte. Sie mussten allerdings einige Stressfaktoren minimieren: « Sie sollten die « Naturpille » bei Tageslicht nehmen, keine sportlichen Übungen machen und Social Media, das Internet, Telefonanrufe, Unterhaltungen und Lesen vermeiden », sagt Hunter.
Waldspaziergänge als Therapie
Bereits nach 20 Minuten Naturerlebnis hatte sich der Cortisolspiegel bei den Probanden deutlich gesenkt. Am meisten reduzierte sich das Stresshormon, wenn die Teilnehmer etwa 20 bis 30 Minuten sitzend oder gehend im Grünen verbrachten. Hielten sich die Teilnehmer noch länger im Freien auf, nahm das Cortisol zwar weiterhin ab, allerdings nicht so stark wie in den ersten 20 Minuten. Bei der Alpha-Amylase war der Unterschied lediglich bei jenen Probanden deutlich messbar, die sich während der Zeit im Freien kaum bewegten, also zum Beispiel auf einer Bank saßen.
Die Forscher hoffen nun, dass ihr Versuch die Wirksamkeit der « Naturpille » unterstreicht. Sie sehen den Aufenthalt im Freien als kostengünstiges therapeutisches Mittel, um die negativen Auswirkungen des Stadtlebens, wie etwa viel Zeit in geschlossenen Räumen und vor Bildschirmen zu verbringen, einzudämmen. « Ärzte könnten unsere Ergebnisse als evidenzbasierte Faustregel dafür verwenden, was in der Verschreibung einer « Naturpille » enthalten sein muss », fasst Hunter zusammen.
Mehr Bäume, weniger Herzinfarkte?
Die Daten reihen sich in eine wachsende Zahl von Untersuchungen ein, die die positiven Effekte eines Aufenthalts in der Natur oder speziell eines Waldspaziergangs belegen. So stellte der schwedische Forscher Roger Ulrich schon 1984 fest, dass sich möglicherweise allein der Anblick von Bäumen positiv auswirken könnte: Patienten, die nach einer Operation aus dem Krankenhausfenster auf Grün schauten, benötigten weniger Schmerzmittel und genasen schneller.
Eine japanische Studie ergab, dass regelmäßige und ausgedehnte Waldspaziergänge die Zahl der natürlichen Killerzellen erhöhte, eine Untergruppe der weißen Blutzellen und Teil des menschlichen Immunsystems.
2015 ergänzte der US-amerikanische Umweltpsychologe Marc Berman, dass die Anzahl von Bäumen in einer Wohngegend die Gesundheit der Bewohner beeinflusst. Wer in grüneren Gebieten wohnte, litt seltener an Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes. Bei ihrer Studie versuchten die Wissenschaftler herauszurechnen, dass auch andere Faktoren die Gesundheit beeinflussen. Dazu gehören etwa ein höherer sozioökonomischer Status, der es den Menschen erlaubt, ins Grüne zu ziehen, und gleichzeitig oft mit gesünderer Ernährung und mehr Bewegung einhergeht.
In Japan ist das « Shinrin-yoku », also das « Baden im Wald », gar Teil der staatlichen Gesundheitsversorgung, « Waldmedizin » ist seit 2012 ein eigener Forschungszweig an japanischen Universitäten. Hier wird auch erforscht, welche Faktoren genau für die positiven gesundheitlichen Effekte sorgen. So ist noch unklar, ob es etwa an der Luft des Waldes liegt oder an der speziellen Vegetation.
Macht es etwa einen Unterschied, ob man durch einen japanischen oder deutschen Wald spaziert? Den Selbstversuch kann man zumindest seit 2017 auf Usedom machen: Hier befindet sich der erste zertifizierte Kur- und Heilwald Deutschlands, den der Betreiber auch als « Natur-Apotheke » bezeichnet.
Quelle: wir haben diesen Artikel auf Spiegel Online gefunden, wo er ursprünglich am 7.4.2019 erschienen ist.