Zweisprachige Kinder klären Irrtümer eher auf

« Grossvati, tu peux verschrecke moi? » So sprach Sohn Moritz noch vor wenigen Jahren. Ein bisschen Hochdeutsch (von der Mama), ein bisschen Schweitzerdeutsch (vom Papa) und ein bisschen Französisch (aus der Krippe und der Umgebung). Alles in einem Satz. Geht doch. In der Zwischenzeit trennt er die Sprachen prima, und wie es scheint, hat er auf dem Weg noch ein paar zusätzliche soziale Fähigkeiten mitgenommen. So berichtete Spiegel Online im Februar 2017.

Wer bilingual aufwächst, lernt früh, mit Missverständnissen umzugehen – und diese zu entwirren. Sprachliches Kuddelmuddel schult auch soziale Fähigkeiten.

Wie bitte? What? Kinder, die mit zwei Sprachen aufwachsen, lernen diese zwar leichter als Erwachsene, doch auch sie stoßen im Alltag häufig auf Hindernisse. So fanden Forscher heraus, dass bilinguale Kinder häufiger unpassende Wörter benutzen, falsche Satzkonstruktionen verwenden oder während des Gesprächs in eine andere Sprache wechseln. Der Grund: Pro Sprache verfügen sie über weniger Vokabeln.

Das muss kein Nachteil sein. « Durch diese alltäglichen Erfahrungen sind zweisprachige Kinder geübter darin, sprachliche Missverständnisse zu entdecken und dann auch zu korrigieren », erklärt die Entwicklungspsychologin Stephanie Wermelinger.

Herausgefunden haben die Zürcher Forscher das mithilfe des grauen Plüschelefanten Otto: Für ihre Studie spielten Wermelinger und ihr Team mit insgesamt 111 Kindern, die zwischen zwei und drei Jahre alt waren und einsprachig, mit zwei Dialekten (Schweizerdeutsch und Hochdeutsch) oder zweisprachig (Schweizerdeutsch und eine andere Sprache) aufwuchsen.

Irrtümer aus dem Weg räumen

Weil Plüschelefant Otto zum Spaziergang aufbrechen wollte, zog die Versuchsleiterin ihm zunächst drei Schuhe an. Den vierten behielt sie in der Hand, gab aber vor, ihn zu suchen. Wenn ein Kind helfen wollte und auf den Schuh zeigte, tat die Forscherin, als wolle das Kind auf ein Bild, das hinter ihr angebracht war, deuten. Sie kreierte ein Missverständnis.

Dabei zeigte sich, dass es vor allem die bilingualen Kinder waren, die häufiger den Irrtum aufklärten, um dem Elefanten seinen vierten Schuh zu verschaffen. Wohl, weil sie es eher gewohnt waren, mit solchen Irrtümern umzugehen.

« Zweisprachigkeit bedeutet nicht nur, mehr Wörter zu lernen und das Gleiche auf unterschiedliche Art und Weise sagen zu können », sagt Moritz Daum, Professor für Entwicklungspsychologie an der Universität Zürich. Die Studie zeige vielmehr, dass Zweisprachigkeit auch einen Einfluss darauf hat, wie Kinder komplexe Situationen verstehen und mit ihnen umgehen.

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